Sonntag, 12. Februar 2012

Was hat das hexische Bilsenkraut mit Bier zu tun?



Bilsenkraut fehlte früher in kaum einem Hexengarten. Es betäubte bei richtiger Dosierung Schmerzen (auch bei Zahnschmerzen), berauschte aber auch. Das hochgiftige Kraut war auch wichtiger Bestandteil der berüchtigten Hexensalben.

Diese Hexensalben bestanden meist aus reinstem Schweineschmalz, in die diverse giftige Nachtschattengewächse gekocht wurden. Diese Salbe, an den Pulsstellen und auf Schleimhäuten aufgebracht, vermittelte den Hexen das subjektive Empfinden des Fliegens. Genau so entstand die Sage von der fliegenden Hexe auf dem Besen. Der Besen steht dabei eher symbolisch für das Auskehren negativer Energien aus dem magischen Schutzkreis.

Allerdings benötigte man zur Herstellung dieser Hexensalben allergenaueste Kentnisse im Umgang mit Nachtschattengewächsen (wie auch Tollkirsche, Stechapfel, Alraune). Nur ein Quentchen zu viel und es wirkt absolut tödlich. Weshalb eine Nachahmung auf gar keinen Fall zu empfehlen ist. Auch das Bilsenkraut (Wurzel, die gesamte Pflanze und auch die Samen) kann ebenfalls tödlich giftig sein.

Noch vor einigen Jahrhunderten wurden dem gebrauten Bier verschiedene Stoffe (u.a. auch BILSENKRAUTSAMEN) zu gegeben, um den berauschenden Effekt zu verstärken. Dazu wurde das Bilsenkraut (nun in unseren Gegenden fast völlig ausgerottet) im großen Stil angebaut, wie andere Kräuter auch.

Bei unsachgemäßer Anwendung (Überdosierung) ohne genaueste Kenntnis der Bilsenkrautsamen durch die Wirtsleute verstarben einige Gäste nach dem Biergenuß.

Bierbrauer waren im Mittelalter auf teils abenteuerliche Ideen gekommen, um ihrem Gebräu einen besonderen Geschmack zu verleihen oder es haltbarer zu machen. Um dunkles Bier zu erhalten, wurde kurzerhand Ruß zugegeben. Auch Kreidemehl kam zum Einsatz, um sauer gewordenes Bier wieder genießbar zu machen. Auch die Zugabe von Fliegenpilzen und dem Bilsenkrautsamen zur „besonderen“
Verfeinerung ist überliefert.

Daruf hin erfolgte das Reingeheitsgebot (genaugenommen: die gesetzliche Regelung erlaubter Zutaten) für Bier. Von folgenden Städten ist ein älterer Erlass überliefert, der die Qualität des Bieres betraf: Nürnberg (1155), Augsburg (1409), Eichstätt (1319), München (1363), Regensburg (1156?), Landshut (1447). Einige dieser Verordnungen wurden erst in den letzten Jahrzehnten wieder entdeckt. Wahrscheinlich sind in vielen Fällen keine Zeugnisse mehr erhalten, sodass diese Aufzählung exemplarischen Charakter hat.

Der wertvollere Weizen oder Roggen war den Bäckern vorbehalten. Der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer sieht einen weiteren Grund darin, den beruhigenden und zugleich konservierenden Hopfen zum Brauen zu verwenden und andere Zutaten, etwa Rosmarin oder Bilsenkraut, zu verbieten.

Man geht daqvon aus, daß die Bezeichnung PILSENER BIER auf das Bilsenkraut und die Art des Bierbrauens zurückzuführen ist.

Ebenso hat die Stadt PILSEN (früher Böhmen, heute Tschechien) ihren Namen von der großflächigen Anzucht des Bilsenkrautes und der Brauerei Pils-Bier. Nur eben heute nach dem Reinheitsgebot für Bier und völlig ohne Bilsenkraut und "andere" Zusätze.