Freitag, 28. November 2008

Vampire sind unter uns


Das lange schwarze Haar umspielte in grosszügigen Locken die bleichen Schultern der jungen Frau. Fahles Mondlicht drang durch die geöffneten Fenster und erhellte die gespenstische Szene des altertümlichen Schlafraumes. Sie schien zu schlafen ... und
doch stiller Erwartung zu sein. Aus dem Schatten des geschnitzen Schrankes löste sich eine Gestalt.

Es war eine düstere Erscheinung, ganz in Schwarz gekleidet und in einen fast bodenlangen Umhang gewandet. Der grosse und hagere Mann näherte sich in beinahe unendlicher Langsamkeit dem Bett, auf dem die junge Frau mit bebendem Busen lag. Die Atemzüge wurden rascher und ihr Brustkorb hob und senkte sich in dem eng geschnürten Mieder des bodenlangen Kleides. Das Mondlicht fiel auf das hagere, traurige Gesicht des Mannes in Schwarz. In seinen Augen blitzte es blutrot. Er öffnete seinen Mund, unvermittelt fauchend wie ein Tier, und offenbarte damit zwei überlange spitze Eckzähne. Die Fangzähne gruben sich tief in den schwanenweissen Hals der jungen Schönheit und der weite Umhang des Vampirs breitete sich über die düstere Szene.

Solche oder ähnliche Szenen wurden im Kinoprogramm der Sechziger und Siebziger des zwanzigsten Jahrhunderts gern gesehen. Der bekannte Darsteller des noch bekannteren Blutsaugers der Neuzeit, Dracula, war ein Garant für volle Kinokassen. Es war der angenehme Schauder der Zuschauer, die sie in die Kinositze kauern liess. Der Nervenkitzel, etwas Unheimliches vorgeführt zu bekommen, was es ja gar nicht geben konnte. Oder etwa doch? Die Lebensenergie (Blut) saugende Halbwesen...

Der aus Irland stammende Autor Bram Stoker (1847 - 1912) hat mit seiner Romanfigur des Dracula einen wahren Boom heraufbeschworen. Auch noch viele Jahrzehnte nach seinem Ableben.

Stoker spielte dabei virtuos mit Urängsten des Menschen: Ein Wesen, das die Nacht bevorzugte. Lebend und doch tot. "Es" saugte den Lebenssaft, das Blut, bevorzugt von Menschen, aus. Und das Wesen konnte problemlos sich in eine Fledermaus verwandelt. Auch Fledermäuse (eigentlich sehr possierliche Tierchen) sind Geschöpfe der Nacht und erregten allein deswegen schon die Fantasie des Volkes. Man erinnere sich an die (vermeintlichen) Hexentränke, in denen angeblich immer wieder Teile der nützlichen kleinen Tiere zu finden gewesen sein sollen.

Dracula existierte wirklich. Und es gibt immer noch Vampire.

Nun, Dracula war allerdings zu keiner Zeit ein blutsaugender Vampir. Da wurde eine eine Legende um zeitgenössische Gestalt mit einem ängstigenden Märchen, oder besser einer Legende, in einen Topf geworfen. Dracula war auch kein Graf, wie in Bram Stokers Roman, er war weit mehr.

1890 traf Bram Stoker den ungarischen Professor Arminius Vambéry, der ihm von der Legende des rumänischen Prinzen Vlad Tepes, besser bekannt als Vlad Dracul (Drakula), erzählte. Aus diesem Charakter entwickelte Stoker die Figur des Vampirs Drakula. Er arbeitete 7 Jahre an der Vampirsaga Dracula. Der historische Prinz Vlad Dracul aus Transsylvanien war in der Tat ein grobschlächtiger Mensch und galt als äusserst brutal und blutrünstig. Er liess zu seinen Lebzeiten tausende Menschen bestialisch töten, abschlachten und hatte seine Freude daran. Aber von Vampirismus war da nun wirklich keine Spur.

Oft werden Fledermäuse mit Vampiren in Verbindung gebracht, die sich vom Blut lebender Menschen oder Tiere ernähren. Die in Mexiko und Umgebung ansässige Vampir-Fledermaus hat vier messerscharfe Zähne, mit denen sie tatsächlich das Blut von anderen Tieren, zum Beispiel Pferden, saugt. Dieses teilt sie mit anderen Fledermäusen. Fledermäuse verhungern sehr schnell, darum sind sie auf diese Notnahrung angewiesen. Aber die entnommenen Blutmengen reichen bei weitem nicht aus, um ein Lebewesen zu töten oder ernsthaft zu schädigen.

Unsere einheimischen Fledermäuse, meist kleine possierliche Tierchen, ernähren sich übrigens von Insekten, anderen Kleintieren oder von Früchten. Die Zwergfledermaus kann in einer Minute 300 Mücken verspeisen, was doch wiederum eine recht erfreuliche
Nachricht ist.

Nun, da gibt es wohl doch noch eine Art Vampir. Den Energie-Vampir. Wer einem Energievampir erst einmal begegnet ist, wird wahrscheinlich denken, dass er sich im klaren ist, dass ein solcher Mensch kaum mit einem der legendären Dracula-Vampiren zu vergleichen ist. Natürlich, dies sind doch alles Legenden, Märchen, Geschichten! Und doch sagt man nicht, dass in jeder Sage ein wahrer Kern steckt.

Legt man die Erklärungen der mythologischen Vampire sinnbildlich aus, kann man doch einige Parallelen erkennen: Dass das Blut als bildliche Erklärung in Hinsicht auf die Lebensenergie steht, erklärt sich ja schon von selbst. Sieht man sich dann einen Energievampir an, der nur noch davon lebt, andere nervlich und seelisch zu erschöpfen, stellt man schnell fest, dass diese ganz wie die legendären Vampire kein eigenes Dasein mehr haben, also leblos oder "untot" sind.

Auch der Pflock ins Herz (aus Bram Stokers Roman) kann man als Entzug der Liebe erklären. Mit Liebe kommt man einem Energievampir nämlich absolut nicht bei. Man öffnet sich und somit seine Lebensquellen nur noch mehr, und macht es der Person somit nur noch leichter, einen auszusaugen.

Energie-Vampire sind Wesen (Mensch oder Tier), die einem, wie der Name es schon sagt, Energien rauben. Die mir am bekanntesten Art ist diejenige, die zum Beispiel bei dem kleinsten Problem anruft, uns stundenlang an der Strippe festnagelt und
an unser Mitleid appelliert. Hängt man schliesslich den Hörer ein, ist man total erschöpft und normalerweise auch nicht mehr in bester Stimmung. Normalerweise haben diese dann auch noch einen jammerden Unterton, der einem eh schon den letzten Nerv raubt, wenn man nicht schon instinktiv vor ihnen flüchten möchte. Man fühlt sich in jedem Falle nach dem Kontakt mit Energie-Vampiren erschöpft, ausgepowert, kraftlos.

Aber auch Mobbing ist eine Art des Energievampirismus. Andere Leute werden mit allen Mitteln in Stressituationen getrieben, denn in solchen Fällen ist der Energieverlust am grössten. Auch in Partnerschaften ist desöfteren ein Fall von Vampirismus festzustellen. Was desöfteren so ausgelegt wird, als sei einer der beiden Partner besonders liebesbedürftig, ist nicht selten nur eine Methode um von der Lebensenergie des anderen Partner nähren zu können. In einer Partnerschaft ist ein solches von beiden Seiten zwar normal, aber ist dann der Austausch freiwillig, ein Geben von beiden Seiten also. In diesem Falle findet wieder ein gegenseitiger Austausch (geben und nehmen) der Energien statt, was dann wieder okay ist.

Wie schon erwähnt, kann ein solches Phänomen auch bei Tieren beobachtet werden. Ein Tier schmiegt sich besonders fest an die anderen, welche sich dann normalerweise erheben um fast fluchtartig Abstand zu gewinnen. Kennt man die Art und Weise der
Energieräuber erst einmal, wird man in solchen Fällen schnell misstrauisch und versucht sich zu distanzieren.

Wie schützt man sich also? Man einer wird bei diesem Titel schmunzeln und sagen: "Häng den Hörer ein und schlag die Tür zu, wenn du dich ausgelaugt fühlst", und ja, so falsch ist dieser Tip nicht einmal. Den Kontakt zu solchen Personen, so weit es möglich ist, zu meiden ist schon mal ein guter Anfang. Nur wissen wir auch, dass dies nicht immer helfen kann, da ein Energievampir ja nicht unbedingt in Kontakt treten muss, oder aber im nicht-physischen Bereich trotzdem da sein wird.

Hier gibt es also einige Methoden und Übungen, die man auch regelmässig durchführen kann, welche ein guter Schutz sind, und auch ansonsten die Aura stärken können. Klare Kristalle (Bergkristall, Amethyst, Citonit usw.) helfen, sie zu reinigen. Auch das Visualisieren in Hinsicht auf "Schutzschilder" wie Lichtkreise und Kokons oder schützende Pentagramme können sehr nützlich sein, wenn man plötzlich merkt, dass man energetisch "ausgesaugt" wird. Wer eher mit Gefühl als mit Visualisation arbeitet, kann üben, seine Aura zu verfestigen, sobald er sich eines Angriffes bewusst wird.

Habt also keine Angst vor Vampiren. Die von Bram Stoker heraufbeschworenen Vampire existieren sowieso nur im Buch oder im Film. Und vor allen anderen kann man lernen, sich zu schützen. Auch wenn es die ältere freundlich lächelnde Dame von gegenüber ist...

Übrigens soll Transsylvanien eine wirklich phantastische Landschaften haben. Bekannt sind dort vor allem kulinarischen Köstlichkeiten, zubereitet mit viel Knoblauch. Und dasvielleicht aus gutem Grund?!? Gute Reise.

Euer Maran


Ich habe den Text im Jahr 2004 für die Hexenzeitung ESBAT geschrieben, wo sie auch veröffentlicht wurde.

(C) by www.Hexer-Maran.com